Mining

Wasserkraft wichtigste Energiequelle im Bitcoin-Mining – oder doch nicht?

Der Stromverbrauch des Bitcoin-Minings steht seit langem in der Kritik. Die wesentliche Frage ist aber, woher der Strom kommt. Nachdem Forscher im September eine Verschlechterung des Strommixes feststellten, kommt nun ein Analyst zum Schluss, dass Wasserkraft wieder die vorherrschende Energiequelle ist.

Laut Daniel Batten von Batcoinz.com ist Wasserkraft mit 23,12 Prozent die dominierende Energie im Bitcoin-Mining. Damit widerspricht er einer Studie der Universität Cambridge, die noch im September 2022 Kohle als stärkste Energiequelle benannt hatte. Indem Batten auch Offgrid-Mining, eine veränderte Mining-Geographie sowie Flaring hinzurechnet, zeigt er, dass das Mining weniger klimaschädlich sei als oft gedacht.

Beginnen wir aber am Anfang. Das große Problem am Bitcoin-Mining ist nicht, wie manchmal gesagt wird, der reine Stromverbrauch. Dieser ist an sich nämlich klimaneutral. Das Problem ist vielmehr, aus welchen Quellen dieser Strom entsteht und wie viele Treibhausgase dabei entstehen. Mining aus Wasserkraft oder Photovoltaik? Gut. Mining aus Kohle oder Gas? Schlecht.

Diese Frage ist für Investoren wichtig. Denn viele Anleger und Vermögensverwalter stecken ihr Geld nur in nachhaltige Produkte, auf Englisch „ESG“. Wenn sie Bitcoin als nicht-nachhaltig einschätzen, scheidet ein wesentlicher Teil des globalen Kapitals aus. Auch für Politiker ist die Frage wichtig, da sie entscheidet, wie man regulatorisch mit dem Mining umgeht. Begrüßt man es als Geburtshelfer der Energiewende – oder verbietet man es als Klimasünder? Daneben sollte die Fragen auch für jeden relevant sein, der die Absicht hegt, noch einige Jahrzehnte auf dieser Welt zu bleiben.

Im September 2022 hat Alexander Neumueller, Projektleiter des Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI), einen ausführlichen Einblick darüber gegeben, woher der Strom stammt, durch den Bitcoins geschürft werden. Da das CBECI als zuverlässigste unabhängige Quelle zum Energiebedarf von Bitcoin gilt, hat diese Kurzstudie, beklagt Batten, viele ESG-Investoren davor abgeschreckt, in Bitcoin einzusteigen.

Wie kommen die Forscher auf diese Werte? Eigentlich schätzt das CBECI den Stromverbrauch von Bitcoin. Seine Schätzungen bewegen sich in einem relativ breiten Band, aktuell sind es mindestens 7,45, maximal 26,52 und vermutlich etwa 15,88 Gigawatt. Wir haben also schon mal eine beachtliche Unsicherheit. Diese Daten verbindet das CBECI nun mit einer Mining Map, in der sie zusammen mit einigen großen Mining-Pools abschätzt, an welchen geographischen Standorten dies Mining-Farmen stehen. Auch hier spielt eine Menge Unsicherheit hinein. Schließlich ermitteln die Wissenschaftler, wie der Strommix der jeweiligen Region ist, und schätzen so die Treibhausgase, die das Mining ausstößt.

Wenn eine Mining-Farm in einer Region in China steht, wo Strom vor allem aus Wasserkraft kommt, sind die Emissionen gering. Steht sie dagegen in Kasachstan, wo man vor allem mit Kohle arbeitet, sind sie enorm. Und so weiter.

Mit dieser Methode kam das CBECI im September zum Schluss, dass Bitcoin im Jahr 2022 41,12 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (MtCO2e) verursachen wird. Dies entspricht etwa 0,1 Prozent der weltweit erzeugten Treibhausgase. Zum Vergleich: Der Abbau von Gold verursacht etwa 100, Deutschland zum Stand 2022 etwa 746 MtCO2e. Bitcoin wäre also nicht einmal ein Zehntel Deutschland.

Der wesentliche Faktor für die Klimabelastung durchs Mining liegt im dafür verwendeten Strommix. Laut CBECI hat sich dieser seit 2019 enorm verändert. Das Mining-Verbot, das China unter dem Vorwand erließ, seine Klimaziele erfüllen zu wollen, erwies sich, wie prognostiziert, als enorm klimaschädlich. Denn anstatt auf in China reichlich und je nach Jahreszeit auch im Überfluss vorhandenen Wasserkraft setzten die Miner danach auf klimaschädlichere Energien, etwa Kohlekraft in Kasachstan.

Gestiegen ist seit 2019 jedoch vor allem der Anteil an Gas, Wind, Atomkraft und Photovoltaik. Während Kohle mit knapp 40 Prozent Wasserkraft als wichtigste Energiequelle abgelöst hat, ist der Anteil des zweiten fossilen Brennstoffs Gas seit 2019 förmlich explodiert. Bitcoin wurde also schmutziger anstatt sauberer, was bei einem gleichzeitig steigenden Energiebedarf infolge des explodierenden Preises kein besonders erbauliches Fazit ist. Die Emissionen des Bitcoin-Netzwerks seit 2019 sind dramatisch gestiegen. Das lässt sich nicht verdrängen.

Nicht verdrängen lässt sich aber auch eine Lektion dieser Daten: dass eine allzu repressive Politik im Sinne des Klimas in einem globalen Markt oft zum Gegenteil führt. Wer Mining verbietet, anstatt Anreize zu setzen, Mining mit grünen Energien zu speisen, sorgt effektiv dafür, dass mehr anstatt weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen. Solche Verbote, mit denen auch die EU liebäugelt, mögen symbolisch wertvoll sein – erweisen dem Klima aber einen Bärendienst.

Freilich sind die Daten der Cambridge-Forscher alles andere als unangreifbar. Sie setzen unsichere Daten auf unsichere Daten und verkleben sie durch noch mehr unsichere Daten. Die Emissionen könnten doppelt oder dreimal so hoch sein – oder nur ein Viertel oder Achtel betragen. Noch nicht mal die grobe Größenordnung darf als sicher gelten.

Das gibt Kritikern wie Daniel Batten reichlich Munition. Schon Mitte Februar hat er im Bitcoin Magazine Widerspruch gegen die Cambridge-Studie eingelegt. Dafür füllte er die Lücken, die die Forscher selbst offenlegten, vor allem die drei folgenden: Das Offgrid-Mining direkt an der Energieerzeugung, das Verbrennen von ausströmendem Methangas, welches Emissionen sogar spart, da es Methangas in CO2 umwandelt, sowie ein Update der geographischen Annahmen, was vor allem einen Exodus aus dem Kohleland Kasachstan meint. Alle drei fließen nicht in die aktuellen Werte des CBECI ein.

Wenn man diese Lücken nun mit Daten füllt, wie es Batten macht, wird der Strommix deutlich nachhaltiger. Insbesondere das Offgrid-Mining nutzt vor allem Wasserkraft und Wind, was den Anteil der Erneuerbaren im Mix um 10,8 Prozent erhöht, das „Flaring“ von Methangas, etwa an Orten der Ölförderung, reduziere die Emissionen um einen, und die Migration der Mining-Farmen an andere Orte um 1,8 Prozent.

Nach Battens Kalkulationen ist Kohle nun nicht mehr auf dem ersten Platz, sondern knapp hinter Wasserkraft auf dem zweiten. Laut seiner Berechnung sinkt der Anteil der Erneuerbaren nicht, wie im Modell des CBECI, sondern steigt jedes Jahr um 6,2 Prozent.

Inwieweit diese Schätzung wirklich plausibler ist, ist aber schwer zu sagen. Daniel Batten ist sicherlich nicht neutral, sondern ergreift klar Partei für Bitcoin, und auch er arbeitet mit vielen unsicheren Variablen. Wir haben lediglich einen weiteren, nicht zwingend solideren Datenpunkt, der sich zu anderen gesellt.

Die aktuelle Schätzung des CBECI fällt sogar noch düsterer aus als im September 2022: Mit 70,5 MtCO2e je Jahr verursacht Bitcoin mehr Emissionen als je zuvor – mehr als Österreich. Das ist noch weit von dem weg, was Klimaanlagen, Mode, Tourismus und Viehhaltung verursachen – das wären die Ansatzpunkte, die wirklich wichtig sind – und es wird auch nicht der entscheidende Punkt sein, der über Untergang und Erhaltung entscheidet. Aber es ist auch nicht nichts, sondern eine nennenswerte Größe.

Dies dürfte auch mit am Aufschwung des Kurses in den letzten Monaten liegen. Seit Februar ist die Hashrate der Miner mit dem Preis erheblich gestiegen, und der Stromverbrauch laut CBECI von knapp 13 auf beinah 16 Gigawatt. Selbst wenn dabei der Anteil der Erneuerbaren Energien im Jahr um 7 oder 8 Prozent steigt, wie Daniel Batten errechnet, wird dies nicht die Menge der Emissionen aufwiegen, die dabei ebenfalls zunehmen.

Und wenn Bitcoin tatsächlich jene Preise erklimmt, die die meisten Bitcoiner für unvermeidbar halten – irgendwas mit sechs oder sieben Stellen – dann sollte die Dekarbonisierung des Minings erheblich schneller ablaufen als derzeit. Die hohen Anteile an Kohle und Gas werden dann nicht sehr lange tragbar sein.

   

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