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“Klimakiller” Bitcoin: Krypto-Miner kämpfen gegen schlechten Ruf

Ihr Ruf eilt der Mining-Branche voraus: Energiefresser, Klimakiller, Umweltsünder. Die Bitcoin-Industrie kämpft gegen das Imageproblem an. Dabei stolpert die Debatte immer wieder über mangelnde Transparenz.

Die öffentliche Debatte über Bitcoin wird wesentlich durch seinen Energieverbrauch bestimmt. Dabei ist die Datengrundlage dünn: Wie viel Strom in das Netzwerk fließt, kann niemand genau sagen. Hochrechnungen der Cambridge Universität zufolge liegt der Strombedarf aktuell etwa gleichauf mit dem von Norwegen, der CO₂-Ausstoß auf dem Niveau von Singapur. Mit dem Argument, die Energiewende voranzutreiben, versucht die Mining-Branche, das Image vom Klimasünder immer wieder geradezurücken. Dabei steht die Datengrundlage ebenfalls auf wackligen Beinen.

Bitcoin Mining als Motor für die Energiewende?

Nachhaltige Energieversorgung durch Bitcoin – was nach einem Widerspruch klingt, soll aus Sicht der Miner-Branche eines der großen Versprechen werden: Von Modellprojekten, die Mining-Geräte als Wärmequelle nutzen bis zum ambitionierten Ziel, den Umstieg auf regenerative Energien zu beschleunigen. Einer der Ansätze: die sogenannte “Green Bitcoin Theory”.

“Der Kostendruck für Mining-Unternehmen” führe letztlich “zu höheren Investitionen in effiziente Lösungen sowie verstärkter Forschung und Entwicklung im Bereich nachhaltiger Energiequellen”, erklärt Professor Horst Treiblmaier die Grundüberlegung. Eines der Hauptargumente hierbei: die Ungebundenheit von Mining-Anlagen. “Mining-Pools sind in der Regel flexibel, was den Standort betrifft, und können somit auch nachhaltige Energiequellen in entlegenen Regionen nutzen, beziehungsweise überhaupt erst profitabel machen”, so der Professor von der Modul Universität Wien gegenüber BTC-ECHO.

Beim Übergang auf erneuerbare Energien kommt es vermehrt zu Schwankungen: mal bläst mehr Wind, mal weniger. Dabei wird auf Bitcoin als eine Technologie verwiesen, die zum Ausgleich eingesetzt werden kann, um Überschüsse abzunehmen und Netzfrequenzen auszubalancieren. Kommt es zu Engpässen, könnten die Anlagen jederzeit vom Netz genommen werden. Keine andere Industrie kann so punktgenau auf Schwankungen reagieren, argumentieren Miner. Der Ausbau grüner Stromquellen würde dadurch mitsubventioniert und letztlich beschleunigt.

Ob es einen regelmäßigen Überschuss regenerativer Energien gibt, wie es solche Ansätze voraussetzen, ist aus Sicht der Energieversorger aber keinesfalls gegeben. “Insbesondere Erneuerbare Energie” sei “ein knappes Gut”, erklärt ein E.ON-Sprecher auf Anfrage. Die Nachfrage am Markt sei “ausreichend vorhanden”, für die Abnahme “kein zusätzlicher Impuls durch die Erzeugung von Bitcoins nötig”. Auch Vattenfall hält das Argument, dass die Mining-Industrie die Energiewende beschleunigen könne, gegenüber BTC-ECHO “für recht gewagt”.

Als Standort scheidet Deutschland aber ohnehin aus. Aufgrund der hohen Energiekosten sind Miner nicht wettbewerbsfähig. Die meiste Hashrate kommt inzwischen aus den USA, vorrangig Georgia und Texas. Auch hier bemüht sich die Mining-Branche um ein positives Bild, das jedoch immer wieder Risse bekommt. Die Widersprüche zwischen Saubermann- und Sündenbock-Image zeigen sich besonders deutlich im Lone Star State, wo die größte Mining-Farm der Welt entsteht.

Bitcoin Miner auf der Anklagebank

Der ökologische und soziale Fußabdruck der von Riot Platforms in Rockdale, Texas, betriebenen Anlage wurde von der New York Times jüngst auseinandergenommen. Fast der gesamte Strombedarf soll – anders, als behauptet – von fossilen Energien gedeckt werden: 96 Prozent. Der Schaden für die Umwelt: hoch. Der Nutzen für die Gesellschaft: gering. Laut New York Times würden kaum Arbeitsplätze geschaffen, die Energiekosten für die umliegende Bevölkerung hätten sich durch den hohen Bedarf der Anlage dagegen verteuert. Riot Platforms hielt dagegen.

An medialen Aufschreien wie diesem zeigt sich: Die Mining-Industrie hat vor allem ein Transparenzproblem. Solange es keine offiziellen Zahlen und Statistiken gibt, laufen Diskussionen über die Umweltauswirkungen von Bitcoin ins Leere. “Eine verstärkte Transparenz im Bitcoin Mining wäre sicher wünschenswert”, meint daher Horst Treiblmaier. “Je mehr Mining-Unternehmen sich verpflichten, Daten zur Energieerzeugung bereitzustellen und sich eventuell auch bereiterklären, das Stromnetz durch bedarfsorientierte Nutzung zu stabilisieren, desto besser wird es gelingen, in der öffentlichen Debatte auch die positiven Effekte von Bitcoin Mining und natürlich von Bitcoin selbst unterzubringen”.

Den Stempel vom Stromfresser trägt Bitcoin lange mit sich. Dabei können Mining-Anlagen auch Energie in Form von Wärme weitergeben und damit in den Energiefluss einzahlen. “Die Abwärme aus Rechenzentren lässt sich sinnvoll für Fern- oder lokalen Nahwärmenetzen nutzen”, erklärt Vattenfall auf Nachfrage. “Rechenzentren benötigen zudem relativ große Grundstücksflächen innerhalb der Stadtgrenzen, hier können sich Synergien ergeben zwischen Energieerzeugern und potenziellen Betreibern von Rechenzentren, die sich auf Standorten ehemaliger fossil betriebener Kraftwerke ansiedeln möchten”.

In der aufgeheizten Debatte um Bitcoin und seine Klimaverfehlungen bleiben solche Argumente meist ungehört. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Solange Mining eine Black Box bleibt und über verschiedene Daten gestritten wird, bleibt die Ökobilanz der größten Kryptowährung auch ihre größte Achillesferse.

   

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