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E-Yuan: Wie China eine ganze Stadt auf digitales Geld umstellt

China hat die Millionenstadt Changshu zum Versuchslabor für digitales Zentralbankgeld erklärt. Ab Mai werden dort Beamtengehälter in E-Yuan ausgezahlt.

Es ist das weltweit größte Pilotprojekt zur Erforschung und Umsetzung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC). Gerade einmal einhundert Kilometer nordwestlich von Shanghai liegt die Stadt Changshu. Der Ort beheimatet über 1,5 Millionen Einwohnern und entspricht damit in etwa der Größte von Hamburg. Laut Angaben der lokalen Medien erhalten hier ab Mai alle Beamten ihre Gehälter nicht mehr regulär auf ihr Konto überwiesen, sondern digital – in Form des E-Yuan.

Außerdem werden die städtischen Bezahl-Strukturen auf die Verwendung des neuen Geldes optimiert. Laut dem Lokalsender Weixin verlautete das örtliche Finanzaufsichts- und Verwaltungsbüro der Stadt Changshu am 22. April eine „Mitteilung über die Umsetzung der vollständigen Ausgabe digitaler Renminbi-Gehälter“. Von der Regel betroffen sind laut Ankündigung die Löhne für Beamte (einschließlich öffentlicher Bediensteter) und die Gehälter von Geschäftspersonal und Personal staatseigener Einheiten auf allen Ebenen in der Stadt Changshu.

Ein gewaltiger Schritt, krempelt China damit die Millionen-Stadt doch mal eben auf die Verwendung der digitalen Zentralbankwährung um – und macht Changshu zum größten Versuchslabor für CBDCs der Welt.

Regierung forciert CBDC-Adoption

Die chinesische Regierung verfolgt seit geraumer Zeit das Ziel, die landeseigene Digitalwährung zu etablieren und legt bei der Umsetzung ein beeindruckendes Tempo vor. So begann die KPCh schon vor einigen Monaten damit, großflächig Zahlungsmöglichkeiten für den E-Yuan bereitzustellen. Ob öffentlicher Nahverkehr, Apothekengänge, Supermarkteinkäufe oder Wasser- und Gaszahlungen. Changshu strebt eine möglichst vollständige Abdeckung mit Bezahlmöglichkeiten für die digitale Zentralbankwährung an.

Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, setzt die Regierung auf verschiedene Kampagnen. So erhalten Benutzer des E-Yuan Vergünstigungen in Form von Rabatten. Des Weiteren verschenkte die chinesische Regierung während des Neujahrsfestes, einem der wichtigsten chinesischen Feiertage, digitales Geld im Wert von über 25 Millionen US-Dollar an die Bevölkerung, um Berührungsängste abzubauen und die Adoption voranzutreiben.

Doch obwohl die Regierung eine Reihe von Anreizen setzt, ist die chinesische Bevölkerung skeptisch. Auch international wird die Einführung des E-Yuans kontrovers diskutiert. Das liegt jedoch nicht nur an Vorwürfen gegen den Staat, mit der digitalen Währung ein weiteres Überwachungsinstrument zu installieren, sondern auch an der bereits bestehenden digitalen Infrastruktur des Landes. Der Vorsitzende der Digital Euro Association, Dr. Jonas Gross, erklärt: “Warum sollte eine CBDC als Zahlungsmittel genutzt werden, wenn es in China bereits effizientere, günstiger und komfortablere Anbieter wie WeChat Pay oder Alipay gibt?”

Besonders unbeeindruckt zeigten sich die Einwohner Hongkongs. Anfang des Jahres installierte die Regierung Karten-Ausgabe-Automaten für Hardware-Wallets des E-Yuan, um das Onboarding zu erleichtern. Vier Tage später zog ein Lokalmedium eine ernüchternde Bilanz. Gerade einmal 625 Personen installierten die digitale Geldbörse. Auch ein 20-prozentiger Rabatt auf Einkäufe konnte daran nicht ändern.

Kontroversen um CBDCs

Mit der Umstellung der Lohnauszahlung wird die Verwendung des E-Yuan für viele Einwohner in Changshu jetzt obligatorisch. Dass gerade Hongkong die Verwendung des neuen Geldes in besonderem Maß ablehnt, ist wenig verwunderlich. Die Sonderverwaltungszone ringt seit Jahren um ihre Autonomie und politische Unabhängigkeit von der chinesischen Regierung.

Kritiker befürchten: Die Regierung führt durch die digitale Zentralbankwährung ein weiteres mächtiges Kontroll- und Überwachungsinstrument ein. Denn anonyme Zahlungen wie etwa beim Bargeld gehören mit der Einführung des E-Yuan der Vergangenheit an, da Regierungen theoretisch jede digitale Finanztransaktion nachvollziehen können.

Außerdem erleichtert die Digitalwährung es dem Staat, Finanzkanäle oder Konten einzufrieren oder vom Zahlungssystem abzuschneiden. Auch bei der Verteilung von Geld erhält die chinesische Regierung größeren Einfluss. Durch die zentralisierte Herausgabe schwächen CBCDs obendrein die Krisenresistenz des Finanzsektors, da sie mit einem deutlich erhöhten Klumpenrisiko daherkommen.

CBDCs auf dem Vormarsch?

Dennoch erwägen Staaten auf der ganzen Welt die Einführung einer CBDC. Über 100 Länder sind derzeit mit der Forschung, Entwicklung und Pilotprojekten befasst. Auch in Europa läuft die Entwicklung auf Hochtouren. Am gestrigen 24. April legte die Europäische Zentralbank (EZB) einen Bericht zum digitalen Euro vor. Dieser erläutert die Zugangs- und Vertriebsoptionen der digitalen Währung. Die Bereitstellung der CBDC soll dabei über bestehende Finanz-Apps oder eine von der EZB entwickelten Anwendung gewährleistet werden.

Auch anderswo ist die Akzeptanz in der Bevölkerung jedoch gering. Nigeria ist eines der wenigen Länder, das bereits eine CBDC eingeführt hat. Mit Gebühren und Bargeld-Limits versucht die Regierung, die Bevölkerung in das Zentralbankgeld zu treiben. Im Februar lösten die Maßnahmen landesweit Proteste aus.

   

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