Bitcoin

Warum ein US-Militär meint, dass Bitcoin der Schlüssel für ein Zeitalter des Friedens ist

Ein Major des US-Militärs behauptet, Bitcoin könne das Wesen der Konflikte zwischen Großmächten fundamental verändern. In seinem Buch “Softwar” verlangt er, dass seine Regierung Bitcoin aus Gründen der nationalen Sicherheit entschieden unterstützt. Das Buch ist schon jetzt ein Bestseller.

In der Regel lese ich Bücher, bevor ich über sie schreibe. Heute mache ich einen Ausnahme und schreibe darüber, was andere über ein Buch geschrieben haben. Denn die These, die Jason Lowery in „Softwar“ ausbreitet, ist viel zu spannend, um damit zu warten.

„Guten Morgen,“ twitterte Lowery heute, „Bitcoin ist eine neue Art von (nicht-tödlicher) digitaler Kriegsführung, die 10.000 Jahre menschlicher Zivilisation verändert und die globalen Machtverhältnisse neu sortiert, aber eure Anführer schlafen noch.“

Für Jason Lowery ist noch das Größte viel zu klein. Ihr vergleicht Bitcoin mit der Reformation, der Druckerpresse, oder, wie der Autor Ijoma Mangold in seinem neuen Buch, dem frühen Christentum? Anfänger! Für Lowery ist bestenfalls das Feuer ein angemessener Vergleich.

Der Major in der Space Force des US-Militärs publiziert mit „Softwar“ seine Masterthese in einem 400-seitigen Buch. Er scheint damit einen Nerv zu treffen, da „Softwar“ derzeit das am meistverkaufte Buch über Bitcoin – vielleicht über Technologie überhaupt – in den USA ist. In dem Buch fordert er die Regierung – vor allem das Militär – auf, sich Bitcoin entschieden zuzuwenden.

Dafür hat er offenbar vor allem zwei Argumente, die vermutlich zusammenhängen. Erstens kann Bitcoin eine Rolle in der Cybersicherheit spielen, in dem er Angreifern Kosten aufbürdet. Bisher haben Angreifer den Vorteil, dass sie für gegen Null tendierende Kosten immer wieder angreifen können. Indem man (wichtige) Rechenoperationen an Bitcoin bindet, führt man physische Kosten ein, was Spam- oder Überlastungsangriffe mehr oder weniger eliminiert.

Im zweiten Argument plädiert Lowery nun dafür, Proof of Work, also Bitcoin-Mining, zur künftigen Arena des Kräftemessens von Großmächten zu machen. Bisher tragen Großmächte ihre Konflikte militärisch aus – sie verwenden Energie, um das Land des Feindes zu verwüsten. Mit Atombomben und potenziellen Drohnenschwärmen haben sie aber ein „kinetisches Dach“ erreicht: die freiwerdende destruktive Energie ist so groß, dass sie die gesamte menschliche Zivilisation bedroht. Wenn die Großmächte stattdessen Mining verwenden, könnten sie Konflikte ohne diese Zerstörung austragen. Wir würden ein neues Zeitalter betreten, in dem es keine Kriege im bekannten Sinn mehr gibt.

Weil Bitcoin so zum wichtigsten Instrument künftiger Großmachtsambitionen wird, verlangt Jason Lowery von seiner Regierung, sich eine Menge Bitcoins anzueignen, eine Mining-Industrie zu kultivieren und Bitcoin durch die Verfassung zu schützen.

Natürlich wäre es schön, wenn der Major recht hat. Wer möchte nicht, dass Kriege künftig nicht-tödlich mit Hashes anstatt Bomben ausgeführt werden, wenn Generäle in Zukunft Mining-Farmen aufstellen, anstatt feindliche Städte mit Raketen zu zerstören?

Doch da ist eine Sache, die ich nicht verstehe: Warum? Wie soll man das erzwingen? Wie kann man etwa Russland dazu zwingen, seine Energie nicht dafür zu verwenden, die Ukraine mit Artilleriegeschossen zu verheeren, sondern mit, sagen wir der EU, um die Wette zu minen? Wie kann man einen Aggressor dazu bringen, brav Bitcoins zu schürfen, anstatt die Asic-Farmen seines Feindes mit konventionellen militärischen Mitteln zu erobern? Wie soll sich ein Asic-Miner gegen eine Gewehrmündung behaupten?

Die Frage bleibt leider unbeantwortet. Ich fand keine Antwort. Weder in Jason Lowerys Twitter-Feed, noch in den bisherigen Reviews, noch in den vielen (begeisterten) Amazon-Rezensionen. Am ehesten noch in der Theorie, dass Computerprogramme durch Bitcoin bzw. Proof-of-Work feindlichen Parteien Restriktionen aufbürden können, so dass sie große Mengen physischer Arbeit leisten – als Watts investieren – müssen.

Doch selbst wenn man von einer Welt ausgeht, in der alles durch Software global vernetzt ist, bleibt die Erklärung schwach. Selbst wenn sich niemand diesem Netzwerk der Software entziehen könnte – China kann das heute ja schon –: Wäre es energetisch nicht viel sinnvoller, Mining-Farmen zu erobern anstatt aufzubauen?

Offenbar bin ich mit solchen Fragen nicht allein. Rob W. twittert seinen immerhin knapp 10.000 Followern einen ähnlichen Kritikpunkt zu, auch wenn er eine andere Schlagrichtung hat:

But again, why would that materially change things?

If I’m NOT powerful, but can appear powerful with my current fiat-world info-war, WHY would I battle w/ BTC, where there is actual proof of my power?

The incentive is unclear to me here.

21/

— Rob W. (@BikesandBitcoin) November 29, 2022

“Aber, nochmal, warum sollte sich das materiell ändern? Wenn ich NICHT mächtig bin, aber dank meines bestehenden Fiatwelt-Infokrieges mächtig erscheinen kann, WARUM sollte ich dann mit Bitcoin kämpfen, wo es einen tatsächlichen Beweis meiner Macht gibt? Die Anreize sind hier unklar.”

Und auch Peter St Onge, Professor für Ökonomie, hält sich nicht mit Kritik zurück:

My take on @JasonPLowery and #softwar: 400 pages of fluff with one, trivial, point: convert war to auction by promoting currencies on blockchains. Of course, this would be very dumb for the target country who knows it’ll be outbid by Uncle Trillions. So the thesis boils to “hope…

— Peter St Onge, Ph.D. (@profstonge) April 3, 2023

“400 Seiten Fusel mit einem, trivialen Punkt: Konvertiert Krieg zu einer Auktion indem man Währungen auf Blockchains bewirbt. Natürlich wäre dies reichlich dumm für das Zielland, das weiß, dass es von Uncle Sams Billionen ausgestochen wird. Daher verkürzt sich die These zu ‘Hoffe, dass der Feind dumm ist’. Auch das ist nicht neu […]”

Vermutlich sollte ich das Buch lesen, bevor ich zu einem abschließenden Urteil komme. Falls ich darin mehr Informationen finde, die zeigen, wie Bitcoin zur Basis dieses 10.000-Jahre-Epochenwandels wird, lasse ich es euch wissen. Bis dahin sollte man Lowerys Theorie zu Proof of Work jedoch mit viel mehr Skepsis betrachten als seine Scharen begeisterter Leser – und darin vermutlich mehr als nur ein Körnchen Wunschdenken vermuten.

   

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